Erinnerung an die jüdische Familie Ransenberg
Ein spätes Andenken hat die jüdische Familie Ransenberg bekommen. An ihrem ehemaligen Wohnort in der Amtsstraße hat Gunter Demnig drei Stolpersteine verlegt.
„Etwas spät, aber nicht zu spät“, wie es Bürgermeister Franz Josef Franzbach ausdrückte. Unter großer Anteilnahme hat Künstler Gunter Demnig am vergangenen Dienstag die Stolpersteine an der ehemaligen Wohnadresse der Familie verlegt.
In Schöppingen sind es die allerersten Stolpersteine. Nach fünf Jahren intensiver Forschungsarbeit durch den VHS-Arbeitskreis Schöppinger Geschichte der vorläufige Höhepunkt des Projekts. Besonders Matthias Frye hatte die Nachforschungen maßgeblich vorangetrieben.
Rosen für die Ransenbergs
Schüler der zehnten Klasse von der Sekundarschule Schöppingen-Horstmar übernahmen eine Rolle in der Zeremonie. Die Jugendlichen riefen den Anwesenden die Lebensgeschichte der Familie in Erinnerung, die von tragischen Verlusten, Angst, aber auch großem Mut geprägt war.
„Wir sind sicher, dass Familie Ransenberg eine nette Familie war und werden mit diesen Stolpersteinen immer an sie denken“, fasste es eine Schülerin zusammen. Ihre Klassenkameraden hinterließen zum Andenken weiße Rosen.
In die Kulturhalle Kraftwerk hatten die Initiatoren im Anschluss zu einer Feierstunde eingeladen. Ein Ehrengast konnte jedoch nicht dabei sein: Der Wiener Professor Arnold Pollak, ein Verwandter von Familie Heymann, der das Haus gehörte, in dem Familie Ransenberg zur Miete wohnte.
Die jüngsten politischen Entwicklungen und der aufflammende Antisemitismus hätten es Pollak unmöglich gemacht, zu reisen und an der Stolpersteinverlegung teilzunehmen, zitierte Matthias Frye aus der Absage-E-Mail. „Eine feierliche Zeremonie im Münsterland gerät ins Räderwerk des internationalen Terrorismus“, zeigte Frye sich bestürzt.
Anonyme Stolpersteinspenderin
Die Kosten für die Stolpersteinverlegung hatte eine Bürgerin übernommen, die trotz ihrer großzügigen Geste anonym bleiben wollte. Die Stolpersteine reihen sich nun in über 100.000 Exemplare ein, die bereits in ganz Europa verlegt worden sind.
„Ich hoffe und wünsche mir, dass wir wirklich über diese Steine stolpern“, stellte Pfarrer Thomas Diedershagen die Wichtigkeit heraus, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen und jeden einzelnen Menschen mit Würde zu behandeln.
„Der Holocaust darf nicht vergessen werden“, mahnte auch Bürgermeister Franz-Josef Franzbach. Schöppingen stelle sich seiner Verantwortung. Besonders jetzt, da die Verfolgung von Menschen jüdischen Glaubens und der Israelkonflikt wieder brandaktuelle Lebensrealität seien.
Eine Ausstellung zu den Forschungsergebnissen in Wort und Bild regte die Gäste zu Diskussionen an. Dabei bewiesen die Funde eindrucksvoll, dass die Ransenbergs als allererstes Bürger Schöppingens waren – eine ganz normale Familie, die im Ort gut integriert war. „Ich hab den Franz Scheidler gut gekannt. Meine Frau ist ja in dem Haus aufgewachsen“, erinnerte sich ein Gast.
Enkelinnen zu Gast
Franz Scheidler, ein Freund und Nachbar der Familie, hatte seinerzeit einen wichtigen Anteil an der Flucht von Hilde Ransenberg und ihrem Sohn Werner gehabt. Seine Enkelinnen, Carmen Wienker und Nicole Scheidler, waren auf der Gedenkveranstaltung zu Gast.
„Wir haben in einem alten Fotoalbum Bilder gefunden“, so Carmen Wienker. Diese Fotos hatte sie den Forschern zur Verfügung gestellt. Klaus Anderbrügge erkannte auf einem Bild seine Tante Hildegard wieder, die ebenfalls eine Nachbarin der Ransenbergs war.